„Bianca, wie ist es eigentlich eine hochsensible Mutter zu sein?“
Diese Frage bekam ich kürzlich von einer lieben Klientin gestellt.
Die Antwort darauf ist schwierig, vielfältig und lebendig gleichermaßen.
Ich bin relativ jung Mutter geworden, zumindest für heutige Zeiten, in denen die Menschen sich häufig überhaupt erst mit Mitte dreißig mit dem Gedanken ans Kinderkriegen beschäftigen. Als ich 27 Jahre alt wurde kam mein erster Sohn zur Welt.
Die Schwangerschaft habe ich als sehr aufregend, intensiv und anstrengend erlebt. In den ersten 17 Wochen war mir an jedem Tag übel. Jeder Tag begann mit wortwörtlich speiender Übelkeit. Ich konnte einfach nichts bei mir behalten und war sogar zweimal im Krankenhaus wegen Flüssigkeitsverlust. Ich reagierte, wie es für hochsensible üblich sein kann: frühzeitig, stärker und langanhaltender.
Aber ab Woche 18 wurde alles deutlich besser. Der Appetit kam zurück, besonders auf Heidelbeeren. Ich war regelrecht süchtig nach den blauen Beeren und aß oft schon im Supermarkt die erste Schale auf dem Weg zur Kasse leer. Das weitere Kilo musste zu Hause dran glauben.
Ich aß nach Gefühl, was mir guttat. Denn, wie ich später lesen durfte, sind Heidelbeeren sehr gut verdauungsregulierend, enthalten viel Vitamin C und Folsäure und schützen vor Viren. Instinktiv richtig gegessen.
Ich fühlte intensiv die Vorfreude auf mein ungeborenes Kind, genoss jede Bewegung, jeden Tritt. Ich bereitete mich durch das Lesen vieler Zeitschriften und Bücher vor. Befasste mich mit allen Problemlagen, die auftreten könnten. Ging zur Akupunktur für die Geburtsvorbereitung, nahm an einem
Aquafitnesskurs für Schwangere teil (ich empfehle in Bremen Zeela, Aquafitness: Danke, Claudia!!!!) und liebte es, Babysachen zu kaufen. Ich schrieb Tagebuch für mein ungeborenes Kind und war sehr glücklich,
Mama zu werden. Ich brauchte Zeit, um zu verarbeiten und zu bearbeiten.
Mein Baby hat sich viel Zeit gelassen und war vierzehn Tage über dem Termin. Als die Wehen nach Einleitung im Krankenhaus, wo ich schon aufgenommen war, endlich los gingen, war ich so gar nicht mehr vorbereitet. Ich war so nervös als die Fruchtblase sprang, und ich plötzlich in einer riesigen Pfütze stand, dass ich die Hebamme fragte, ob sie einen Wischmopp hätte, ich würde das natürlich gleich
aufwischen… 😊
Diese lachte nur und sagte kopfschüttelnd, so etwas sei ihr auch noch nicht passiert. Ich ginge jetzt nur noch in den Kreissaal…
Die Geburt lief für mich nur noch im Funktionsmodus ab. Ich fühlte mich so innig mit mir selbst verbunden, wie ich es bisher niemals kannte. Die Schmerzen konnte ich durch meine Hingabe an Prozesse gut aushalten. Als nach 6,5 Stunden unser kleiner Großer geboren war, fühlte ich unendlich großen Stolz.
Das hatte mein Körper geschafft, ich hatte tatsächlich diesem Wesen das Leben geschenkt. Ich platzte vor Stolz und Glück. Ich starrte das kleine Bündel Mensch an und konnte mich kaum satt sehen.
Die ersten Tage vergingen wie im Flug. Nichts war einfach und nichts wie vorher. Ich war wie auf Droge und verknallt wie verrückt. Dennoch voller Selbstzweifel. Ich wusste nicht, wie das „Mama sein“ richtig geht und es gab nicht eine freie Minute. Keine Zeit zur Verarbeitung und ständig drehte sich alles um das kleine Menschlein. Das wollte ich nie wieder missen und doch sehnte ich mich nach meinem alten Leben zurück.
Ein merkwürdiger Zwiespalt, wie zerrissen.
Nach den ersten stressigen Wochen und dem Kennenlernen eines Tragetuches, war alles schon einfacher geworden.
Ich trug das Baby die meiste Zeit mit mir herum, hatte die Hände frei und konnte mich überallhin bewegen. Das Kind immer bei mir, lernten wir uns gut kennen. Meine Einfühlung ermöglichte mir, den Rhythmus des Babys zu erfühlen. Ich wusste schon immer kurz vorher, wann er wach wird, hungrig ist, die Windel voll ist. Der kleine Mann war geborgen, aufgehoben und beschützt und daher meistens sehr zufrieden. Draußen war ich meist sehr stolz mit dem Kind an mir unterwegs.
Mich überkamen immer wieder Wellen des Glücks und ein unendlich „richtiges“ Gefühl, dieses perfekte Wesen nun als Teil von mir großzuziehen. Der Schlafmangel zerrte an meinen Nerven und nur ein
winziges, zahnloses Lächeln konnte alle Strapazen wieder wett machen.
Die Welt mit dem immer größer werdenden Menschen in neuen Facetten zu entdecken, erfüllte mich mit Lebendigkeit und die Trotzanfälle in der Autonomiephase griffen das Nervenkostüm an… und trotzdem gab es für mich eine Zeit lang nichts Schöneres, als das…
Der „kleine“ Mann ist gerade zwölf Jahre alt geworden. Wahnsinn wie die Zeit vergeht. Es fungiert definitiv unter den Top Ten der besten Dinge in meinem Leben.
…wie es ist Mutter zu werden, ist also eine Teilantwort auf die oben gestellte Frage. Wie es aktuell ist Mama zu sein und hochsensibel und das alles unter einen Hut zu bekommen… erfahrt ihr im zweiten Teil dieses Blogs.
Geboren
Jäh, hart –
kommt es über Dich
in Wellen trägt der Schmerz dich fort,
in die Welt deiner Ahnen.
Du denkst nicht, du bist –
tust was deine Bestimmung ist,
lange vor deinem Sein.
Du kehrst zurück mit dem Geschenk deiner Mütter:
dem kleinen Menschen, den Du bisher einzig aus deinen Träumen kanntest.
Du blickst in seine weisen Augen und siehst:
die Vergangenheit, die Gegenwart und Deine Zukunft…
08.09.2008.
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